Hypervigilanz und Hochsensibilität: Das sind die Unterschiede!

Hypervigilanz und Hochsensibilität: Das sind die Unterschiede!

Die Unterschiede zwischen Hypervigilanz und Hochsensibilität sind schwierig zu erkennen.

Hochsensibilität ist inzwischen ein Begriff, der in der Gesellschaft allgemein bekannt ist. Viele Bücher beschäftigen sich mit dem Thema und immer mehr Menschen können sich mit den Merkmalen einer Hochsensibilität identifizieren und sind erleichtert, endlich eine Erklärung gefunden zu haben. Im Zusammenhang mit der Hochsensibilität muss aber unbedingt die Hypervigilanz genannt werden. Ein psychischer Zustand, der viele Ähnlichkeiten mit der Hochsensibilität aufweist und dennoch klar abgegrenzt werden muss. In diesem Blogartikel erkläre ich dir was die Merkmale von Hochsensibilität und Hypervigilanz sind und wie diese voneinander zu unterscheiden sind.  

Hochsensibilität kurz erklärt

Kennst Du das? Du sitzt mit Deiner Begleitung im Café und ihr beobachtet draußen die Szenerie: Menschen, die flanieren, Vögel singen und fliegen von Ast zu Ast, ein Flugzeug taucht am Himmel auf und Fahrräder fahren vorbei. „Hast du gesehen was für ein tolles Kleid die Frau anhatte?“ Deine Freundin schüttelt nur den Kopf. „Das Kleid habe ich gar nicht wahrgenommen.“ Wie kann es sein, dass wir gemeinsam denselben Moment erleben, aber ganz unterschiedliche Dinge wahrnehmen?

Wir alle nehmen durchgehend Informationen und Reize aus unserer Umgebung auf. Ständig. Vieles kommt bei allerdings gar nicht im Bewusstsein an, sondern wird vom Gehirn gefiltert und direkt in die unbewusste Wahrnehmung verschoben. Das hilft Dir bei all den Reizen nicht durchzudrehen und nur das für Dich Wichtigste zu verarbeiten. Was das Wichtigste ist, entscheidet hierbei Dein Gehirn. Das erklärt auch, warum Du plötzlich nur noch schwangere Frauen sieht, wenn Du vielleicht selbst schwanger bist oder werden möchtest. Dein Gehirn hat mitbekommen: „Aha.. schwanger ist jetzt wichtig!“ Ét voilá: Schwangere Frauen, soweit das Auge reicht.

Wie ist das jetzt für Hochsensible? Im Grunde genommen genau so, allerdings fehlt ihnen der Filter, beziehungsweise ist er weniger ausgeprägt. Die logische Konsequenz ist: Sie nehmen viel mehr Informationen bewusst auf. (Lies dazu auch meinen Blogartikel: Woran merke ich, dass ich hochsensibel bin?)

Diese Überflutung von Reizen führt dazu, dass sich Hochsensible in lauten und stressigen Situationen unwohl fühlen und eher die Ruhe suchen. Sie erleben einfach alles intensiver, sowohl die unbequemen Emotionen als auch schönen Gefühle wie Freude oder Spaß. Durch ihre Begabung mehr Informationen aus ihrer Umwelt bewusster wahrzunehmen, sind sie besonders empathisch und haben ein starkes Einfühlungsvermögen. Hochsensible haben deswegen oft sehr tiefgehende Freundschaften.

Weitere Merkmale von Hochsensibilität können sein:

  • Ausgeprägter Gerechtigkeitssinn
  • Hang zu Perfektionismus
  • Intensives Erleben von Kunst und Musik
  • Starkes Harmoniebedürfnis
  • Schwierigkeiten beim Umgang mit Stress und Leistungsdruck
  • Hohe Kreativität und vielschichtige Fantasie
  • Langer emotionaler Nachklang des Erlebten
  • Detaillierte Selbstreflexion und Reflexion der Umwelt
  • Stärkeres Schmerzempfinden
  • Neigung zu schneller Erschöpfung und Überforderung
  • Prüfungsangst und Nervosität, wenn andere beim Arbeiten zusehen
  • eher nicht fähig zu Multitasking
  • Eher introvertiertes Verhalten
Hochsensible empfinden sowohl positive als auch negative Emotionen stärker.

Was ist Hypervigilanz?

Hypervigilanz beschreibt im Grunde genommen „gefühlt“ etwas Ähnliches: Hypervigilante Menschen haben eine erhöhte Aufmerksamkeit und nehmen ihre Umgebung sehr wachsam wahr. Ihre Antennen sind deutlich empfindlicher, was Reize betrifft, wodurch auch sie mehr Informationen bewusst wahrnehmen.

Sie tun dies allerdings, um potenzielle Gefahren und Bedrohungen früh genug zu erkennen. Sie möchten vorbereitet sein, weil ihnen schon einmal etwas Schlimmes widerfahren ist. Hypervigilanz entsteht also aufgrund eines Schocktraumas oder eines Komplextraumas und ist ein Symptom von Erkrankungen wie PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) oder Angstzuständen. Dabei kann sie vorübergehend auftauchen, beispielsweise bei einem bestimmten Geräusch oder einer Empfindung auf der Haut. Betroffene können aber auch unter einer chronischen Hypervigilanz leiden, indem sie durchgehend ihr Umfeld scannen und in ständiger Alarmbereitschaft sind. Dieser ständige „Fight, Flight, Freeze or Fawn“-Modus kann zu physischen Symptomen führen, wie beispielsweise einer flachen Atmung, einem hohen Puls oder auch übermäßiges Schwitzen.

Weitere Merkmale der Hypervigilanz könnten sein:

  • Agitation und schnelle Kopfbewegungen
  • Unruhiger Schlaf
  • Betäubung von Symptomen mit Alkohol und Drogen
  • Überreaktion auf Töne, Gerüche o.ä.
  • Leichte Ablenkung von wichtigen Aufgaben
  • Hang zu Nervosität und zu Sorgen
  • Oftmals wütend und reizbar
  • Intensive Stimmungsschwankungen
Menschen mit Hypervigilanz sind in einem andauernden Angstzustand.

Unterschiede zwischen Hypervigilanz und Hochsensibilität

Wie unterscheide ich nun Hypervigilanz von Hochsensibilität? Selbst Profis fällt es manchmal schwer zu erkennen, dass eine Person hypervigilant und nicht hochsensibel ist. Die eindeutige Zuordnung entscheidet aber maßgeblich die Behandlungsform, weswegen es wirklich wichtig ist bei Merkmalen, die auf den ersten Blick eine Hochsensibilität vermuten lässt, genauer hinzuschauen.

1. Der Ursprung: Hochsensibilität ist ein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal mit dem Betroffene Veränderungen in ihrer Umgebung und zwischenmenschliche Interaktionen stärker wahrnehmen. Hypervigilanz ist ein psychischer Zustand, der meist eine Reaktion auf ein Trauma ist. Hypervigilante Menschen sind deswegen ständig übermäßig wachsam und erwarten potenzielle Gefahren – selbst, wenn keine Bedrohung besteht.

 

2. Der Auslöser: Hochsensibilität ist neurologisch bedingt, wodurch hochsensible Menschen stärker auf Sinneseindrücke wie Licht, Geräusche oder Emotionen reagieren. Hypervigilanz hingegen entsteht durch Stress oder Gefahrensituationen, welche Betroffene in einen anhaltenden Alarmzustand versetzt, der als Überlebensstrategie dient.

 

3. Reaktion auf Reize: Hochsensible Menschen reagieren intensiver auf sowohl angenehme als auch unangenehme Reize. Sie sind oftmals schnell überfordert und brauchen Zeit und Ruhe, um die erlebten Informationen zu verarbeiten. Bei Hypervigilanz fixieren sich Betroffene auf Bedrohungen und sind ständig im „Fight or Flight“-Modus. Sie sind oft nervös und haben Schlafprobleme.

 

4. Emotionen: Menschen, die hochsensibel sind, empfinden Emotionen oft stärker. Hierbei spielt es keine Rolle, ob es Gefühle wie Freude, Glück oder Zufriedenheit sind. Genauso stark werden auch Empfindungen wie Wut, Angst und Trauer erlebt. Sie fühlen nicht nur ihre eigenen Gefühle, sondern nehmen auch die aus ihrer Umgebung intensiv wahr. Hypervigilante Menschen haben hauptsächlich Angst, sind dauernd angespannt und nervös. Betroffenen können sich selten entspannen und haben Schwierigkeiten damit Sicherheit zu empfinden.

Fazit

Hypervigilante Menschen verwechseln ihren Zustand oftmals mit Hochsensibilität und verstehen gar nicht, dass der andauernde Stress kein Normalzustand sein muss. Hochsensibilität ist in den Medien sehr viel präsenter und Betroffene können sich ihre Situation damit sehr gut erklären. Hochsensible Menschen lernen mit ihrem Persönlichkeitsmerkmal zu leben und erkennen die besondere Begabung als genau das an: als etwas Besonderes. Hypervigilanten Menschen wird das aber nicht gelingen, denn der psychische Zustand bringt keine positiven Erlebnisse mit sich. Durch gezielte Therapie können die zugrundeliegenden psychischen Probleme allerdings bewältigt werden, um die ständige Alarmbereitschaft reduzieren zu können. Denn auch wenn die Hypervigilanz einmal eine sinnvolle Schutzfunktion übernommen hat, ist sie häufig nicht mehr notwendig, da die Gefahrensituation in vielen Fällen nicht mehr gegenwärtig ist.

In Sachen Hochsensibilität bin ich Deine Ansprechpartnerin des Vertrauens. Ich kann Dir meine besten Hacks und Tools beibringen, wie Du mit Deiner Hochsensibilität leicht und freudvoll zurechtkommst, und sie als Superpower anerkennen und nutzen kannst.

Bei einem Verdacht auf eine Hypervigilanz kontaktiere bitte einen darauf geschulten Therapeuten!

 

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Ich freue mich auf dich!

 

Hinweis: Meine Begleitung als Coach & Mentaltrainerin ersetzt keinen Besuch oder eine Behandlung bei einem Arzt, Psychologen, Heilpraktiker oder anderen Therapeuten. Er werden keine Diagnosen oder Heilversprechen gegeben. Bestehende Behandlungen sind nicht zu unterbrechen. Bei anhaltenden körperlichen oder psychischen Beschwerden kontaktiere bitte deinen Arzt.

 

Hochbegabt und ungesehen? Unsere (inneren) Kinder brauchen eine Stimme.

Hochbegabt und ungesehen? Unsere (inneren) Kinder brauchen eine Stimme.

Wie wir hochbegabten Kindern helfen können.

Ein Plädoyer für einen öffentlichen DIskurs.

Auch wenn wir keine Eltern sind und mit Kindern nicht viel am Hut haben, so kennt doch jeder von uns zumindest eines: sich selbst. Die Rede ist vom hochbegabten Kind. Manche von uns erinnern sich noch an das dumpfe Gefühl, nicht dazuzugehören. Als hochbegabte Kinder standen wir oft im Spannungsfeld zwischen unserer intensiven Neugier, unserer großen Phantasie und den Erwartungen unserer Umwelt. Die Herausforderungen, die wir dabei meistern mussten, sind tief in uns verankert und begleiten uns oft ein Leben lang. Die wichtige Frage ist heute, wie können wir es den kommenden Generationen leichter machen, wie uns – wenn man diesem Konzept Glauben schenken möchte – mit dem eigenen inneren Kind versöhnen?

Dieser Artikel ist im August 2024 im Magazin “MinD” erschienen.

Das Aufwachsen mit Superpower

Seien wir ehrlich. Die wenigsten von uns wussten schon als Kinder von ihrem hohen IQ. Kein Wunder, dass es vielen von uns schwerfiel, unsere Andersartigkeit als positive Eigenschaft zu akzeptieren, geschweige denn als Superkraft. Oft galten wir als altklug oder anstrengend, als zu anspruchsvoll oder zu kritisch. Unsere Eltern und Lehrer wussten oft nicht, wie sie mit unserem intensiven Wissensdurst oder unserer übergroßen Sensibilität umgehen sollten.

Psychosomatische Bauchschmerzen oder Schulverweigerung waren und sind auch heute noch bei vielen hochbegabten Kindern die Folge.

Während unsere Altersgenossen sich mit oberflächlichen Dingen beschäftigten, suchten wir nach tiefgründigen und bedeutungsvollen Gesprächen und Aktivitäten. Diese Diskrepanz führte oft dazu, dass wir uns zurückzogen oder versuchten, uns mit aller Macht anzupassen, um nicht aufzufallen. Die Konsequenz: innere Konflikte und ein Gefühl der Unzulänglichkeit.

Schulzeit – schwere Zeit

Die Schulzeit war und ist für viele Hochbegabte eine besonders schwierige Zeit. Denn unser ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und unser Bedürfnis nach Sinn stehen in starkem Widerspruch zum konventionellen Schulalltag. Anpassung und Konformität werden auch heute noch in der Schule gefordert, dem Wunsch nach Individualität und tieferem Verständnis wird auch heute noch kaum Rechnung getragen. Besonders schwierig war es für diejenigen von uns, die nicht das Glück hatten, auf Lehrer zu treffen, die unsere Fähigkeiten und Bedürfnisse erkannten und förderten, sondern stattdessen auf Unverständnis und Ablehnung stießen. Fragen wurden als störend empfunden, Wissensdurst als Arroganz interpretiert. Diese ständigen Frustrationen erleben unsere Kinder bis heute.

Sie hinterlassen Spuren im Selbstbewusstsein und in unserer Motivation und führen nicht selten zu Rückzug oder Rebellion – und darüber hinaus zu einem enormen Leidensdruck in den betroffenen Familien.

Die Schulzeit für hochbegabte Kinder ist schwer.

Viele von uns kämpfen noch als Erwachsene mit den Folgen einer unverstandenen Kindheit. Prokrastination, geringes Selbstwertgefühl und das Gefühl, das eigene Potenzial nicht voll ausschöpfen zu können, sind häufige Begleiter. Es ist wichtig, diese Zusammenhänge zu erkennen und an ihrer Überwindung zu arbeiten. Vielleicht noch wichtiger ist es aber, unseren Kindern, die heute in der gleichen Situation sind, die Unterstützung zu geben, die wir damals nicht hatten.

Gemeinsam stark – Unterstützung durch Mensa

Auch wenn es den oft immensen Leidensdruck der betroffenen Familien nicht löst, ist es wichtig zu wissen, nicht alleine zu sein. Mensa bietet eine Plattform zur Vernetzung, zum Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung. Eltern hochbegabter Kinder finden hier wertvolle Hilfe und Beratung. Die Vernetzung mit Gleichgesinnten und der Erfahrungsaustausch können helfen, Probleme, die oft mit Scham besetzt sind, offen anzusprechen und Lösungen zu finden. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass unsere Kinder nicht die gleichen negativen Erfahrungen machen müssen wie wir. Durch Stammtische, Netzwerktreffen und spezielle Programme für Kinder und Jugendliche bietet Mensa einen Raum, in dem wir uns frei austauschen und gegenseitig stärken können. Dieser Austausch ist unbezahlbar, denn er hilft uns auch, unsere eigenen Erfahrungen zu reflektieren und daraus zu lernen.

Fazit – Liebe und Nachsicht als Schlüssel

Unsere hochbegabten Kinder brauchen vor allem eines: Liebe und Nachsicht. Sie müssen so angenommen und gefördert werden, wie sie sind.

Es ist unsere Verantwortung, ihnen zu helfen, ihr volles Potenzial zu entfalten

und dabei ihre einzigartige Persönlichkeit zu bewahren. Indem wir uns alle für hochbegabte Kinder einsetzen, arbeiten wir auch an der Heilung unseres eigenen inneren Kindes. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass hochbegabte Kinder die Unterstützung und Wertschätzung erhalten, die sie brauchen, um zu glücklichen und erfüllten Erwachsenen heranzuwachsen. Und lassen Sie uns darüber in der Öffentlichkeit sprechen – denn unsere Kinder brauchen eine Stimme.

Wie geht man mit hochbegabten Kindern um?
Introversion vs. Extraversion: Was sind die Unterschiede?

Introversion vs. Extraversion: Was sind die Unterschiede?

Was sind die Unterschiede zwischen Introversion und Extraversion?

Introversion und Extraversion hat irgendwie jeder schon mal gehört: Introvertierte sind doch die Menschen, die eher für sich sind und extravertierte Menschen sind geselliger. So kann man das vielleicht grob zusammenfassen, kratzt dabei allerdings nur an der Oberfläche. Und was ist mit Menschen, die weder deutlich introvertiert noch extravertiert sind? Gemäß einer Studie des Psychologen Adamt Grant sind etwa zwei Drittel der Menschheit ambivertiert und somit nicht vollkommen intro- oder extravertiert. In diesem Artikel erkläre ich die Unterschiede der Persönlichkeitsausprägungen, um Dir zu helfen Dich richtig einordnen zu können. 


Was ist Introversion und Extraversion?

Extraversion oder Extroversion? Der Duden kennt (inzwischen) beide Begriffe, wobei Extraversion ursprünglich der richtige Begriff ist. Er leitet sich aus dem Lateinischen ab: „extra“ bedeutet „außen“, während „vertere“ mit „wenden“ zu übersetzen ist. Also nach außen gewandt. Auf der anderen Seite bedeutet „Intro“ „hinein“, also ist ein introvertierter Mensch eine nach innen gewandte Person. Die Definition der zwei Begriffe klingt erstmal recht vertraut und deckt sich mit dem, was die Mehrheit über intro- bzw. extravertierte Menschen weiß.

Introversion und Extraversion sind zwei entgegengesetzte Dimensionen eines Persönlichkeitsmerkmals, welches das soziale Umfeld eines Menschen beschreibt. Dieses Merkmal heißt „Extraversion“, was zunächst etwas verwirrend sein kann. Lass es mich erklären und Dich auf einen kurzen Ausflug in die Psychologie mitnehmen:

Das Fünf-Faktoren-Modell beschreibt verschiedene Persönlichkeitsfaktoren. Die sogenannten Big Five!

  1. Offenheit für Erfahrungen: Wie aufgeschlossen bin ich?
  2. Gewissenhaftigkeit: Wie perfektionistisch bin ich?
  3. Extraversion: Wie gesellig bin ich?
  4. Verträglichkeit: Wie empathisch bin ich?
  5. Neurotizismus: Wie verletzlich bin ich?

Je nachdem wie ausgeprägt der Persönlichkeitsfaktor „Extraversion“ ist, bin ich entweder extravertiert oder introvertiert.

Die Big Five beschreibt Persönlichkeiten.

Leider werden die unterschiedlichen Dimensionen oft als negativ oder positiv bewertet. So werden introvertierte Menschen als schüchtern abgestempelt, während extravertierte Menschen zu laut sind. „Intros“ sind langweilig und mit „Extros“ kann man Spaß haben. Das ist falsch! Jede Ausprägung hat seine Vor- und Nachteile und macht jeden von uns einzigartig.

Welche Merkmale haben introvertierte Menschen?

Introvertierte Menschen sind ruhig und wirken eher ernst. Sie performen in der Arbeit besser, wenn sie allein und konzentriert für sich arbeiten können. In größeren Gruppen fühlen sich Introvertierte wohler, wenn sie die Beobachterrolle einnehmen können. Das bedeutet nicht, dass sie schüchtern sind – oftmals können Introvertierte ganz leicht neue Kontakte knüpfen, fühlen sich in kleinen Gruppen aber dennoch wohler. Ihre Kraft schöpfen sie aus tiefgründigen Gesprächen mit vertrauten Menschen oder aus dem Alleinsein. Sie reagieren auf äußere Einflüsse eher empfindsam, wodurch sie in Streitsituationen eher nachgeben, um weitere Konflikte zu meiden.

 

Weitere Merkmale:

  • Reflexion und Nachdenken: Introvertierte neigen dazu, viel nachzudenken und zu reflektieren. Sie können in sich gekehrt sein und ihre Gedanken und Gefühle intensiv verarbeiten.

 

  • Unabhängigkeit und Selbstgenügsamkeit: Introvertierte Menschen sind oft unabhängig und selbstgenügsam. Sie genießen es, Dinge allein zu tun und sind in der Lage, sich gut selbst zu beschäftigen.

 

  • Gute Zuhörer: Introvertierte sind oft ausgezeichnete Zuhörer. Sie nehmen sich die Zeit, andere zu verstehen und ihre Gedanken sorgfältig abzuwägen, bevor sie antworten.

 

  • Vorbereitung und Planung: Sie neigen dazu, sich gut vorzubereiten und zu planen. Spontane Aktivitäten oder Überraschungen sind oft weniger bevorzugt als durchdachte und geplante Handlungen.

 

  • Kreativität und Konzentration: Viele introvertierte Menschen haben eine reiche innere Welt und können sich gut auf kreative Projekte konzentrieren. Sie arbeiten oft gut alleine und können sich tief in Aufgaben vertiefen.

Welche Merkmale haben extravertierte Menschen?

Extravertierte Menschen sind sehr gesellig, lieben den Austausch und ziehen ihre Energie aus dem Kontakt mit anderen. Egal wann – sie lieben soziale Kontakte. Im Gegensatz zu introvertierten Menschen macht ihnen ein voller Kalender nichts aus und ein Tag mit vielen Meetings befeuert ihre Energie oftmals. Extravertierte Menschen wirken auf andere oftmals positiv, fröhlich, abenteuerlustig und probieren gerne Neues aus. In einer Gruppe übernehmen sie häufig die Führung. Diese dominante Seite ist in der Arbeitswelt meistens ein Vorteil, da sie sich gut durchsetzen können.

 

Weitere Merkmale:

  • Redefreudigkeit: Extravertierte sind oft redselig und neigen dazu, ihre Gedanken und Meinungen offen zu teilen. Sie genießen es, Gespräche zu führen und stehen gern im Mittelpunkt.

 

  • Aktiv und dynamisch: Extravertierte Menschen sind häufig aktiv und dynamisch. Sie nehmen gern an verschiedenen Aktivitäten teil und suchen nach neuen Erfahrungen und Abenteuern.

 

  • Positive Emotionen: Sie neigen dazu, positive Emotionen stärker und häufiger zu erleben. Sie sind oft optimistisch, fröhlich und begeistert.

 

  • Spontaneität: Sie sind oft spontan und flexibel. Extravertierte sind bereit, Pläne zu ändern und neue Aktivitäten auszuprobieren, ohne viel Vorbereitungszeit zu benötigen.

 

  • Beziehungsorientiert: Sie legen großen Wert auf soziale Beziehungen und investieren Zeit und Energie in den Aufbau und die Pflege dieser Beziehungen.

Was bedeutet ambivertiert?

Hast Du Dich eindeutig einer Ausprägung zuordnen können? Nein? Das ist nicht schlimm! Studien gehen davon aus, dass die Mehrheit der Menschheit ambivertiert ist, also Merkmale beider Dimensionen in sich hat. Je nach Situation schwanken diese Menschen zwischen den Extremen. Mal schwanken sie mehr, mal weniger.

Es gibt niemanden, der vollkommen introvertiert oder extrovertiert ist. Ein solcher Mensch wäre im Irrenhaus.“ – Zitat des Schweizer Psychiater C.G. Jung

Ambivertierte Menschen zeigen ebenfalls typische Merkmale auf. Das erste und wichtigste Merkmal ist, dass sie sich selbst nicht eindeutig einem Extrem zuordnen können. Stellst Du das bei Dir fest, bist Du vermutlich ambivertiert. Du bist gerne alleine, aber auch gerne unter Menschen? Ebenfalls ein typisches Merkmal für Menschen, die zwischen den zwei Polen schwanken. Sie sind Teamplayer, aber auch als Einzelgänger. Ambivertierte Menschen werden oft als sehr sympathisch empfunden, da sie sich leicht an ihr Umfeld und an die Situationen anpassen können. Zudem sind Ambivertierte sehr empathisch, denken viel über ihr Umfeld nach und können sich oftmals sehr gut in andere hineinversetzen.

Ambivertierte Menschen schwanken zwischen den Dimensionen.

Ambiversion mag im ersten Moment so klingen, als hätte man keine eindeutige Persönlichkeit und würde sich nur an die anderen anpassen. Zwischen den zwei Ausprägungen zu sein bringt aber einen ungeheuren Facettenreichtum mit sich, weil du viel Unterschiedliches ausleben kannst.

Fazit

Egal, ob Du ambivertiert, introvertiert oder extravertiert bist: Jede Ausprägung hat seine Vor- und Nachteile. Solche Beschreibungen helfen uns, uns selbst und auch unseren Gegenüber besser einzuschätzen und kennenzulernen. Es bringt aber nichts zu sehr in diesen Schubladen zu verharren. Viel wichtiger ist es die Individualität aller Menschen und ihre ganz persönlichen Stärken zu feiern.

 

Hast du Fragen an mich oder möchtest mich kennenlernen? Möchtest Du vielleicht mit mir über gelingende Beziehungen sinnieren? Unter diesem Link kannst du ganz einfach und unverbindlich einen Termin mit mir vereinbaren: https://tidycal.com/loslassexpertin/kennenlernen-via-zoom

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Hinweis: Meine Begleitung als Coach & Mentaltrainerin ersetzt keinen Besuch oder eine Behandlung bei einem Arzt, Psychologen, Heilpraktiker oder anderen Therapeuten. Er werden keine Diagnosen oder Heilversprechen gegeben. Bestehende Behandlungen sind nicht zu unterbrechen. Bei anhaltenden körperlichen oder psychischen Beschwerden kontaktiere bitte deinen Arzt.

Ist Introversion ein Hemmnis für (berufliche) Weiterentwicklung und Karriere?

Ist Introversion ein Hemmnis für (berufliche) Weiterentwicklung und Karriere?

Karriere als introvertierter Menschen.

Das Gehirn ist eine wunderbare Sache. Es funktioniert von Geburt an bis zu dem Moment, wenn ich aufstehe, um einen Vortrag zu halten.
(Mark Twain)

Ist Introversion ein Hemmnis für (berufliche) Weiterentwicklung und Karriere?

  • Introvertierte sind zu still, um Karriere zu machen.
  • Introvertierte können in Sachen Sichtbarkeit und Präsentation mit Extravertierten nicht mithalten.
  • Introvertierte können sich nicht durchsetzen – ohne diese Fähigkeit wird es nichts mit Weiterentwicklung und Karriere.
  • Introvertierte sind schüchtern – sie sollten lieber im Hintergrund bleiben.
  • Wenn Introvertierte extravertierter werden, dann klappt es auch mit der Karriere und (beruflicher) Entwicklung.

 

Vielleicht kennst du solche Aussagen, oder erkennst darin sogar deine eigenen Gedanken? Dann hast du vermutlich die Stärken deiner Introversion noch nicht erkannt und noch nicht die für dich passenden Strategien entdeckt, die auch dir eine authentische Weiterentwicklung und/oder Karriere möglich machen.

Wenn das so ist, dann ist dieser Beitrag für dich. Denn ich möchte dir zeigen, wie wertvoll dein Persönlichkeitsmerkmal Introversion ist und wie du sie selbst wertschätzen kannst. Damit auch du dich so entwickeln und Karriere machen kannst, wie du es dir wünschst. Denn dein Weg muss nicht der von Extravertierten sein – du darfst auf anderen Pfaden wandeln. Still und stark!

Was ist Introversion überhaupt?

Introversion ist ein Persönlichkeitsmerkmal der sogenannten BIG FIVE. Dies ist ein Modell aus der Persönlichkeitspsychologie und mittlerweile in vielen Studien wissenschaftlich erforscht. Dieses Modell zeigt 5 Skalen auf, auf deren Extrempolen gegensätzliche Merkmale liegen. Der Gegenpol der Introversion ist die Extraversion (auch Extroversion). Der basale Unterschied ist folgender: Introvertierte Menschen sind eher nach innen gerichtet und ziehen ihre Energie aus dem Alleinsein, der Stille, Ruhe. Extrovertierte Persönlichkeiten dagegen ziehen Energie aus dem Zusammensein mit anderen und sind eher nach außen gerichtet.

Introvertierte Menschen sind dazu oft eher (zunächst) zurückhaltender, in einer Beobachterrolle, stiller und nachdenklicher. Gleichzeitig sind sie oft tiefgründig, analytisch, empathisch, gute Zuhörer:innen, vorausschauend, sorgfältig, besonnen und sensibel.

Diese Eigenschaften haben nichts mit Schüchternheit oder geringem Selbstwertgefühl zu tun. Das wird leider immer noch oft missverstanden – auch von Introvertierten selbst. (Dass es Introvertierte gibt, die zusätzlich schüchtern sind, ist eine andere Sache.)

Zur Ausgangsfrage zurück: Ist Introversion ein Hemmnis?

Die schlechte Nachricht: Deine Introversion kann ein echter Bremsklotz auf deinem Karriereweg sein.

Die gute Nachricht: Das liegt nicht daran, dass du introvertiert bist, sondern daran, dass immer noch viele Menschen (leider auch Führungskräfte) Introversion falsch verstehen und meinen, Intros müssen einfach offener sein und aus sich herausrauskommen, damit es „läuft“. Du musst dich jedoch nicht verbiegen. Entgegen der eigenen Persönlichkeit zu handeln, kann auf Dauer zu viel Energie ziehen und dir die Kraft rauben.

Akkus aufladen als Introvertierter.

Zielfördernder ist, dass du deine Introversion selbst verstehst und anerkennst, dass du dein (unwissendes) Umfeld darüber aufklärst und dass du auf deine Art und Weise deine Expertise und die Vorteile deiner Persönlichkeit auch für andere sichtbar machst. Um den letzten Aspekt geht es im Folgenden.

Ich zeige dir einige Punkte auf, die Introvertierten das Berufsleben erschweren können – egal, ob in der Selbstständigkeit oder als Angestellte:r. Und wie du proaktiv damit umgehen und so deinen Weg mit mehr Leichtigkeit gehen kannst.

Welche Fallstricke gibt es, und wie kannst du damit umgehen?

In Meetings oder Gruppenkontexten übersehen/überhört zu werden

Introvertierte Menschen mögen es nicht gerne, wenn ihnen ins Wort gefallen wird, weil sie ihre Gedanken gerne bis zum Ende führen. Daher unterbrechen sie auch ungern andere, wenn diese reden. Das kann in Meetings dazu führen, dass Intros keine Möglichkeit finden, ihren wertvollen Input anzubringen.

In dem Fall kannst du dem/der Moderator:in schon vorab mitteilen, dass du zu einem bestimmten Thema oder Tagesordnungspunkt etwas sagen möchtest. So gehst du sicher, dass du deinen Punkt einbringen kannst.

Eine andere Möglichkeit ist, dich neben eine Person zu setzen, die häufig in Gruppenkontexten etwas sagt. So bist du automatisch mit im Blickfeld, was dir erleichtern kann, spontan deinen Redebeitrag zu leisten.

Die Aufforderung, offener und extrovertierter zu sein

Leider scheint in vielen Unternehmen (und auch in anderen Kontexten) immer noch das Nonplusultra zu sein, laut, immer mittendrin, redselig und proaktiv zu sein. Das wird nicht selten von Introvertierten sogar gefordert. Was kontraproduktiv ist, da es gegen die Persönlichkeit von Introvertierten geht! (Ja, du kannst dich anpassen und extrovertierter wirken, aber das geht zu Lasten deiner Energie und letztendlich auch zu Lasten deiner Arbeitskraft.)

Daher empfehle ich dir Folgendes:

  • Werde dir über deine Persönlichkeit und die damit einhergehenden Bedürfnisse bewusst. (Lies hier gerne einen weiteren Artikel zum Thema Introversion.)
  • Finde heraus, was andere über dein Verhalten denken (nicht selten wird Introversion nicht nur als Schüchternheit, sondern auch als Arroganz interpretiert). Dann kläre die Menschen um dich herum auf, was wirklich in dir vorgeht. Kommuniziere auch deine Bedürfnisse.
  • Sei dir deiner introvertierten Stärken bewusst und kommuniziere diese.

Der erste Schritt, Erkenntnisse über sich selbst zu erlangen, macht den zweiten Schritt leichter, diese nach außen zu kommunizieren. „Aufklärung“ hilft auch deinem Gegenüber, dich besser zu verstehen. So dass es im besten Fall erkennt, dass die Forderung nach mehr Extroversion unsinnig war.

Verkannt zu werden

Durch die häufig stille Art von Introvertierten, wird ihr Potenzial oft übersehen oder zumindest nicht in Gänze erkannt. Da kannst du nur Abhilfe schaffen, indem du deine Intro-Stärken gezielt nutzt, um erkannt und mit deiner Expertise wahrgenommen zu werden. Wie du das tun kannst, erfährst du hier:

  • Höre in Gesprächen aktiv zu, und stelle gute Fragen. So zeigst du, dass du – auch wenn du nicht viel sagst – zuhörst und mitdenkst. Mit deinen Fragen eröffnest du neue Perspektiven und/oder gibst wertvolle Impulse.
  • Nutze dein strategisches und vorausschauendes Potenzial: Bereite dich inhaltlich auf Meetings/Workshops/Gespräche gut vor – auch auf mögliche Stolpersteine und Einwände. So hast du gute Antworten und Argumente direkt griffbereit.
  • Zeige deine Expertise in Schriftform. Dir liegt die schriftliche Kommunikation – nutze sie also gezielt, um deinen Input und deine Ideen zu teilen.
  • Vernetze dich. Und zwar auf Intro-Art. Suche gezielt den Kontakt zu einzelnen Personen, mit denen du dich wohlfühlst und in 4‑Augen‑Gesprächen in die Tiefe gehen kannst. Sind es Schlüsselpersonen im Unternehmen oder wichtige Business-Kontakte, kann das auf natürliche Art und Weise deiner Karriere zuträglich sein.
  • Werde sichtbar! Gerade Introvertierte neigen gerne dazu, im Hintergrund zu bleiben. Sie denken, dass ihre Stärken, Arbeit und Erfolge ganz von allein gesehen werden. Ob es die Führungsperson im Unternehmen ist oder potenzielle Kund:innen in der Selbstständigkeit:

Wenn du nicht zeigst, was du kannst und tust, wird es niemand sehen. Die meisten sind viel zu beschäftigt (mit sich selbst), um immer alles von anderen wahrzunehmen. Also, mach dich bemerkbar. So, wie es zu dir und deiner Persönlichkeit passt. Frag auch gerne deine:n Chef:in oder deine Community, was sie von dir wissen möchten. Welche Informationen sie benötigen, um mehr von dir zu erfahren und deine Expertise zu erkennen.

Das eigene Licht unter den Scheffel zu stellen

Eigenlob stinkt! Kennst du sicher, oder? Bloß nicht angeben, denken viele Intros. Wie wäre es mit: „Eigenlob stimmt“? Sich selbst auf die Schulter zu klopfen und sich seines Könnens bewusst zu sein, hat nichts mit Angeberei zu tun.

Menschen, die Understatement pflegen und sich klein machen, werden von anderen eher belächelt oder zumindest nicht in ihrem Potenzial wahrgenommen.

Introvertierte machen sich oft selbst klein.

Also, steh zu dir. Sei dir deiner Stärken (und Grenzen) bewusst und stolz darauf. Wenn du damit bei dir selbst anfängst und selbstsicher nach außen auftrittst, kommt das auch bei anderen authentisch und kompetent an.

Lampenfieber, das davon abhält, sich und sein Potenzial zu zeigen

Egal ob es sich um ein Vorstellungsgespräch, einen Vortrag, eine Präsentation, ein Meeting oder ein Gespräch mit potenziellen Kund:innen handelt: Manchmal lassen sich Introvertierte (aber auch Extrovertierte) von ihrem Lampenfieber/ihrer Rede- oder Bühnenangst stark ausbremsen.

Die starke Aufregung kann in der jeweiligen Situation so sehr blockieren, dass das volle Potenzial nicht zur Geltung kommt. Nicht selten werden Chancen gar nicht genutzt – aus Angst, zu versagen.

Das muss nicht sein. Lampenfieber kannst du auf Körpertemperatur senken, um sicher und souverän deine Persönlichkeit und dein Wissen zu präsentieren. Hier findest du 5 Schritte, um dein Lampenfieber zu regulieren.

Welche Stärken kannst du aus deiner Introversion ziehen?

Einiges habe ich in diesem Artikel bereits beschrieben. Hier findest du zum Abschluss noch eine Liste mit Stärken, die häufig bei (eher) introvertierten Menschen angesiedelt sind. Schau mal, was auf dich zutrifft:

vorausschauendes Denken
ruhige, besonnene Art
gute Zuhörer:in
empathisch
analytisch
loyal
tiefgründig
sorgfältig
Ruhepol für andere
achtsam in jeglicher Kommunikation
gut in schriftlicher Kommunikation
gut darin, einen Überblick zu bekommen
und gute Arbeitsqualität zu liefern

Ergänze diese Liste auch gerne für dich ganz persönlich. Denn jeder Mensch ist einzigartig. Damit schließt sich der Kreis dieses Artikels. Denn ich bin davon überzeugt, dass Introversion kein Hemmnis für deinen Karriereweg und/oder deine (persönliche) Weiterentwicklung ist. Wenn du deine Einzigartigkeit erkennst, anerkennst und lebst, kannst du dein Potenzial entfalten und dich weiterentwickeln – so wie es zu dir und deiner Persönlichkeit passt. Das wünsche ich dir!

Lebe deine Berufung – auf deine (introvertierte) Art und Weise!

Über die Autorin:

Silke May

Bei Silke dreht sich alles um das Thema “Berufung leben”. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist es, Menschen beim Finden und Formulieren ihres Warum zu begleiten, damit sie ihre Kernmotivation als Kompass für eine passende Positionierung und klare Kommunikation in Job und Business nutzen können. Mit den meist eher Introvertierten arbeitet sie zusätzlich an einem authentischen und selbstsicheren Auftreten.

www.silkemay.com

Was Hochsensible und Autisten verbindet

Was Hochsensible und Autisten verbindet

Unterschied zwischen Hochsensiblen und Autisten.

Im Alltag aber auch in der Klinik sind Hochsensible und hochfunktionale Autisten oft nicht zu unterscheiden. Auch Experten tun sich meist schwer. Doch woran liegt das eigentlich und gibt es eine klare Abgrenzung?

 

Nick ist 15 Jahre alt (Name geändert) und kommt wegen ständiger Kopfschmerzen und Erschöpfungszuständen in meine Praxis. Seine Eltern halten sich größtenteils raus und schicken ihn zu mir.

Nick ist extrem höflich und gebildet. Dies fällt gleich auf. „Entschuldigen Sie“ „Es tut mir leid, wenn ich Umstände bereite“ „Vielen lieben Dank“ und eine Flut von „Bitte“ und „Danke“ prägen unser Gespräch. Er beschreibt seine vielen Wahrnehmungen und die Tatsache, dass ihn Lautstärke und andere Reize sehr schnell stressen. Außerdem scheint er seine Mitmenschen sehr genau zu beobachten und macht sich viele Gedanken über ihre Verhaltensweisen. Er denkt ständig darüber nach wie er sich bei wem verhalten muss, um die Harmonie zu wahren. Sein Gerechtigkeitssinn ist sehr stark und er leidet unter Disharmonie und Ungerechtigkeit. Seine Wortwahl und Ansichten entsprechen dem eines Erwachsenen. Klassisch hochsensibel, eventuell auch hochbegabt ist mein erster Eindruck.

Auf die Frage, was er sich wünsche, wird er aber plötzlich still und schaut zu Boden. Das Blut schießt ihm ins Gesicht und die Anspannung ist an seinem ganzen Körper deutlich. Einige Minuten bringt er kein Wort heraus. Dann sagt er leise und unsicher: „Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Es tut mir leid, dass ich diese Frage nicht ehrlich beantworten kann.“

„Ist schon in Ordnung“, sage ich. „Wusstest du es denn mal?“

Immer noch schaut er zu Boden und scheint vor Anspannung sogar zu zittern. Dann fragt er, was ich seinen Eltern erzählen würde. Wir klären die Schweigepflicht. Nach einigem Zögern berichtet er:“ Ich glaube ich wusste es mal, aber ich erzähle so vielen Menschen so viele unterschiedliche Dinge, dass ich vergessen habe was meine eigene Meinung ist, oder ob ich überhaupt noch eine habe.“

Da kommt mir der Gedanke an Masking im Autismusspektrum. Er verstellt sich, so sehr, dass er seine eigenen Gedanken, Bedürfnisse und Wünsche nicht mehr greifen kann. Für jeden Menschen hat er eine eigene „Maske“ entwickelt und sich selbst dabei vergessen. Ein riesiger Leidensdruck lastet auf ihm und der Stress führt zu den körperlichen Symptomen.

Autisten haben für jeden Menschen die passende Maske.

Im weiteren Verlauf fallen mir noch mehr Dinge auf. Er kann mir nicht in die Augen schauen, über Gefühle sprechen fällt ihm schwer. Er beobachtet nicht nur seine Mitmenschen, sondern er berechnet sie, um die adäquate Reaktion seinerseits auszuloten. Klassische Anzeichen aus dem Autismusspektrum.

Doch warum waren 15 Jahre lang niemandem seine Symptome aufgefallen, die mir bereits in der ersten Sitzung auffielen? Wo waren die Kinderärzte, Neurologen, Lehrer und vor allem die Eltern in dieser Zeit? Warum mussten erst diese starken körperlichen Symptome auftreten, bevor jemand erkannte, was wirklich mit ihm los war?

Die Antwort ist so erschreckend wie auch simpel: Niemand kennt sich wirklich mit dieser Thematik aus! Im Psychologie Studium reduziert sich die Anzahl der Stunden zum Thema Autismus teils auf 90 Minuten. Hochsensibilität wird gar nicht erwähnt. Auch andere Neurodivergenzen kommen oft zu kurz. Im Medizinstudium sieht es nicht viel anders aus und auch Lehrkräfte haben oft nur oberflächliche Informationen.

Autismus wird oft nicht erkannt.

Doch wie erkennt man nun womit man es zu tun hat?

Hochsensibilität zeigt sich immer durch eine erhöhte Reizoffenheit und damit einer schnellen Überforderung, einem hohen Gerechtigkeitssinn und einer guten Sprachentwicklung. Eine sehr hohe Empathie und Liebe zur Natur, sowie einem hohen Ruhebedürfnis. Permanentes Denken und eine Abneigung gegen Menschenmassen finden wir ebenfalls.

Hochfunktionale Autisten wie Nick weisen oft die gleichen Eigenschaften auf. Bei Nick unterscheidet sich die Eigenschaft der Empathie allerdings von einem Hochsensiblen Menschen. Er berechnet die wahrscheinliche emotionale Reaktion eines Menschen und daraufhin seine eigene, die laut gesellschaftlichen Standards von ihm erwartet wird. Doch das geht so schnell, dass man es nicht sieht. Er muss seine Denkprozesse freiwillig preisgeben. Er fühlt nicht mit, er berechnet. Mit der gleichen Effizienz, die eine HSP durch Empathie hervorbringt. Eine erstaunliche Eigenschaft und eine enorme kognitive Leistung. Doch auch ein immenser Stressfaktor!

Dieses kleine Beispiel zeigt, wie stark die Überschneidungen sein können und wie schwierig es ist zu erkennen, womit man es überhaupt zu tun hat. Auf dem Überweisungsschein von Nick stand: Abklärung eines Post Covid Syndroms und eventuelle psychische Beteiligung. Der Fokus liegt meist auf dem was von außen zu sehen ist. Fast nie ist es wirklich das, was dahinter steht.

So lohnt es sich ganz genau hinzuschauen, womit man es zu tun hat, denn die Herangehensweise in der Gesprächsführung, in der Psychoedukation (Aufklärung) und in der Behandlung unterscheiden sich bei Autisten und Hochsensiblen teils deutlich voneinander.

Elaine Aron, die Begründerin des Begriffes Hochsensibilität stellte jüngst eine bislang nicht bewiesene These auf. Alle Asperger-Autisten seien hochsensibel laut den Kriterien, so die Vermutung.

Was ich persönlich zu dieser These denke? Gerade Hochsensibilität und das Asperger-Syndrom weisen extrem viele Überschneidungen auf, so wie auch bei Nick. Manche Autisten können sehr gut über Gefühle sprechen und sind auch empathisch. Die sogenannte Alexithymie (also die Unfähigkeit Gefühle anderer zu erkennen und darüber zu sprechen) ist zwar eines der Leitsymptome im Autismusspektrum, muss aber nicht da sein.

Laut den Diagnose Kriterien für das Asperger-Syndrom steht die schnelle Überreizung durch Reizoffenheit ganz oben auf der Liste, ebenso wie bei Hochsensiblen. Doch wie unterscheiden sich dann Asperger Autisten von Hochsensiblen? Man geht davon aus, dass Hochsensible etwas resilienter sind und mit den Eigenschaften anders umgehen. An dieser Stelle haben Autisten größere Herausforderungen zu überwinden. Die autistischen „Meltdowns“ (also das Ausklinken und gar nichts mehr aufnehmen können) kommen unter Umständen auch bei Hochsensiblen vor. Doch meist sind sie weniger stark ausgeprägt und gehen schneller vorbei.

Ein sehr gut aufgeklärter und resilienter Autist kann aber durchaus als hochsensibel bezeichnet und verwechselt werden. Wir sehen, es ist selbst für Experten sehr schwierig und nicht gleich erkennbar. Doch meiner Meinung nach sollte unser Augenmerk darauf gerichtet sein, wie wir den Menschen helfen können. Was sie wirklich brauchen. Welche Bedürfnisse sie zu erfüllen versuchen. Unabhängig von einer Diagnose.

Wenn wir jedem Menschen, egal wie sein Gehirn funktioniert, offen und wertschätzend begegnen, unseren Geist öffnen für andere Sichtweisen und Wahrnehmungen, dann spielt es keine Rolle ob jemand hochsensibel, autistisch, hochbegabt oder sonst irgendwie „nicht- neurotypisch“ ist. Das ist das Prinzip der Neurodiversität!  

Als Mitbegründerin der Akademie für Neurodiversität haben wir uns verpflichtet aufzuklären und auszubilden. Denn diese Themenfelder sind so facettenreich wie die Menschen selbst.

 

Geschrieben von Daniela Schmitten – Coach, Fachberaterin für Neurodivergenzen, Entspannungstrainerin, Hypnosetherapeutin,  Gründerin der Akademie für Neurodiversität

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