Woran merke ich, dass ich hochsensibel bin?

Hochsensible spüren Emotionen stärker.

Hochsensibilität ist heutzutage in aller Munde und wird oftmals als „Modediagnose“ gesehen. Menschen, die hochsensibel sind, bekommen oft den Stempel „Sensibelchen“ aufgedrückt, was sie natürlich doppelt so hart trifft – sie sind ja hochsensibel. Dabei verfügen diese Menschen über ein außerordentliches Maß an Empathie und sind hervorragend im Zuhören, was aus Ihnen unersetzbare Gesprächspartner macht. Wie genau sich Hochsensibilität äußert, wie man sie erkennt und vor allem wie man damit glücklich leben kann, erkläre ich in diesem Artikel.


Zunächst einmal ist es hier wichtig zu erwähnen, dass natürlich alle Menschen sensibel sind. Jeder Mensch nimmt ununterbrochen Informationen aus seiner Umwelt auf und verarbeitet diese. Allerdings wird ein großer Teil dieser Informationen aus der spürbaren Wahrnehmung herausgefiltert – wir merken also gar nicht, dass wir diese Information gerade verarbeiten. Bei Hochsensiblen fehlt dieser Filter, genauer gesagt ist er einfach weniger ausgeprägt. Die logische Konsequenz ist: Sie nehmen viel mehr Informationen bewusst auf.

Hochsensibilität ist ein Persönlichkeitsmerkmal und keine Störung oder Krankheit, wie vielleicht einige vermuten. Hochsensible Menschen haben aufgrund besonderer Eigenschaften ihres Nervensystems eine höhere Ausprägung der Sensitivität, also der Empfindsamkeit gegenüber inneren und äußeren Reizen. Genauer gesagt reagieren sie stärker auf Umweltreize wie Geräusche, Licht und Temperatur. Innere Reize wie Harndrang, starkes Herzklopfen, aber auch Gedanken und Gefühle wie Wut, Traurigkeit, Aufregung oder Freude werden viel stärker empfunden. Bei jedem von uns ist die Sensitivität unterschiedlich stark ausgeprägt. Hierbei unterscheidet man zwischen niedriger, mittlerer und hoher Sensitivität – Letztere zählen zu den Hochsensiblen.

Den Begriff „Hochsensibilität“ hat vor allem die US-amerikanische Psychotherapeutin Elaine N. Aron geprägt. 1997 definierte sie in einem Fachartikel erst einmal den Begriff „Highly Sensitive Person“ (HSP), der auf Grundlage ihrer Forschungsarbeiten zur Sensitivität basiert.

Die Veröffentlichungen nach Aron halten sich allerdings in Grenzen – die Kluft zwischen Praxis und Forschung ist hier sehr groß. Forscher tun sich aktuell noch schwer, dieses Merkmal wirklich zu erfassen und die meisten Veröffentlichungen basieren nach wie vor auf Elaine Aron.

Vor- und Nachteile einer Hochsensibilität

Informationen zu verarbeiten, kann anstrengend sein. Aus diesem Grund gibt es Pausen zwischen den Unterrichtsstunden, Unterbrechungen während einer Oper und auch bei langen Vorträgen oder Seminaren wird jede Pause dankend angenommen. Irgendwann ist die Aufnahmekapazität einfach erschöpft. Bei Hochsensiblen ist das genauso. Allerdings früher, denn sie nehmen ununterbrochen und dadurch viel mehr Informationen auf und müssen diese verarbeiten. Auch ein vermeintlich entspannter Abendspaziergang durch die Stadt kann anstrengend sein, denn das Gehirn ist ständig auf bewusste Wahrnehmung programmiert. Dadurch sind Hochsensible einfach schneller mental erschöpft und müssen viel öfter bewusst ihre Akkus aufladen.

Hochsensible leiden stark unter dem Gefühl nicht normal zu sein, denn ihre Umgebung hält einfach viel mehr aus und können Dinge tun, die für den Hochsensiblen einfach nur unerträglich erscheinen. Im ersten Moment fällt es schwer, hier Vorteile zu entdecken.

Dabei können Hochsensible, die ihr besonderes Persönlichkeitsmerkmal erkannt und akzeptiert haben, Dinge im Alltag ganz anders wahrnehmen und schätzen. Gerüche, Klänge, das ganze Leben wird einfach intensiver wahrgenommen, wodurch man öfter schöne Erlebnisse hat. Die kleinen Wunder im Alltag, von denen jeder spricht – Hochsensible entdecken sie jeden Tag. Außerdem schätzen Hochsensible Intimität, haben ein ausgeprägtes Gespür für Stimmungen und subtile Botschaften, wodurch sie zu richtig guten Zuhörern werden.

Hochsensible nehmen den Alltag bewusster wahr.

 

Menschen, die hochsensibel sind, werden oftmals zu erstklassigen Beratern, Künstlern, Coaches oder Wissenschaftlern.

 

Welche Symptome hat jemand, der hochsensibel ist?

Bei Hochsensibilität ist es falsch, von Symptomen zu sprechen – wie oben bereits erwähnt, handelt es sich nicht um eine Krankheit oder ein Problem, sondern um ein Persönlichkeitsmerkmal, das wir alle haben und bei manchen einfach stärker ausgeprägt ist als bei anderen.

 

Es geht also eher um die Frage: Woran erkenne ich, ob ich hochsensibel bin?

  • Gefühle wie Trauer, Freude, Wut oder Mitgefühl werden stärker empfunden
  • Ausgeprägter Gerechtigkeitssinn
  • Große Empathie, starkes Einfühlungsvermögen
  • Hang zu Perfektionismus
  • Intensives Erleben von Kunst und Musik
  • Hohe Begeisterungsfähigkeit
  • Starkes Harmoniebedürfnis
  • Schwierigkeiten beim Umgang mit Stress und Leistungsdruck
  • Hohe Kreativität und vielschichtige Fantasie
  • Langer emotionaler Nachklang des Erlebten
  • Detaillierte Selbstreflexion und Reflexion der Umwelt
  • Stärkeres Schmerzempfinden
  • Neigung zu schneller Erschöpfung und Überforderung
  • Prüfungsangst und Nervosität, wenn andere beim Arbeiten zusehen
  • Nicht fähig zu Multitasking
  • Eher introvertiertes Verhalten

 

Einige dieser Merkmale finden sich bereits in meinen Blogartikeln zur Vielbegabung und Hochbegabung wieder. Keine Eigenschaft deutet eindeutig und zweifellos auf Hochsensibilität, Vielbegabung oder Hochbegabung. Es ist viel mehr das Zusammenspiel mehrerer Eigenschaften.

 

Wie kann Hochsensibilität diagnostiziert werden?

Eine Diagnose, wie bei einer klassischen Krankheit, kann bei Hochsensibilität nicht ärztlich bestätigt werden. Es existieren zwar schon einige wenige MRT-Studien, die zeigen, dass bei hochsensiblen Menschen eine stärkere Aktivierung der Inselrinde sichtbar ist und dennoch ist die Existenz des Phänomens unter Wissenschaftlern noch umstritten.

Üblicherweise wird mittels eines Fragebogens festgestellt, ob ein Mensch hochsensibel ist. Die Tests basieren im Wesentlichen alle auf dem von Elaine Aron entwickelten Test, den sie in ihrem Buch „Hochsensible Menschen in der Psychotherapie“ veröffentlicht hat.

Bei Sensitivity Research können Selbsttests online gemacht werden, um die Sensibilität einfach und zuverlässig zu messen. Damit lässt sich leicht herausfinden, ob man hochsensibel ist oder nicht. sensitivityresearch.com ist eine Webseite, die von Forschern betrieben wird. Ihren eigenen Angaben zufolge möchten sie für zuverlässiges Wissen über das Persönlichkeitsmerkmal Sensibilität sorgen und haben deswegen zusammen mithilfe der Jacobs Foundation diese Webseite ins Leben gerufen.

Wie geht man mit Hochsensibilität um?

Das Leben kann als Hochsensibler sehr anstrengend sein. Mit diesen Tipps kann der Umgang mit der eigenen Hochsensibilität sowie das Zusammenleben mit anderen erleichtert werden:

 

  • Optimiere Die Bedingungen zu Hause und an Deinem Arbeitsplatz.

Entferne alles, was unnötige Reize verursacht. Gestalte Dein Zuhause und Deinen Arbeitsplatz so, dass Du Dich rundum wohlfühlst und zur Ruhe kommen kannst. Warme Farben, beruhigende Bilder sowie Kerzen können zu einer Wohlfühloase beitragen. In einem Großraumbüro können Noise-Cancelling-Kopfhörer für die nötige Stille sorgen.

  • Plane Ruhephasen ein.

Nimm Dir mehrmals am Tag 5-10 Minuten zum Durchatmen und schließe dabei die Augen. Diese kurzen Unterbrechungen können Wunder bewirken und Dir dabei helfen, dass Dein eigener Akku länger aufgeladen ist.

  • Strukturiere Deinen Tag gewissenhaft.

Dein Tagesablauf sollte nicht von zu vielen Terminen und Aufgaben dominiert sein. Sag auch mal „Nein“ zu Kollegen und vor allem auch zu Freunden und Familie.

  • Erlaube Dir öfter mal allein zu sein.

Rückzug ist bei hochsensiblen Menschen essenziell, um wieder zu Kräften zu kommen. Zu viel davon kann allerdings schnell in Isolation und Einsamkeit enden – sag also nicht immer ab, wenn Freunde mit Dir ausgehen möchten.

  • Baue Stress gezielt ab.

Mache Yoga, Pilates, Qi Gong, Meditation oder gehe öfter mal baden. Auch anderer Sport kann helfen, um Stress abzubauen. Integriere regelmäßig Bewegung und Entspannungsverfahren in Deinen Alltag.

 

Sollten zu der Hochsensibilität begleitende Symptome wie Depression dazukommen, sollte auf jeden Fall ein Therapeut zu Rate gezogen werden. Auch ein Coach, der sich im Umgang mit Hochsensiblen auskennt, kann helfen, die eigene Hochsensibilität besser zu verstehen.

 

Hochsensible benötigen häufig Pausen um wieder Energie zu gewinnen.

 

Ich bin selbst vielbegabt, hochsensibel und hochsensitiv und weiß deswegen, was es heißt, mit einem Merkmal zu leben, das man erst verstehen und akzeptieren muss, bevor es einem Superkräfte verleihen kann. Als Coach weiß ich genau, wie ich hochsensible Menschen unterstützen kann, hinderliche Glaubensmuster aufzulösen, um wieder mehr in die Ruhe und Entspannung zu finden. Ich zeige Hochsensiblen, wie sie durch Mentaltraining gekonnt mit ihren Herausforderungen im Alltag umgehen können und schaffe durch meine Empathie einen absoluten Wohlfühlort und eine starke Vertrauensbasis.