Die Qual der Fadesse – und was wir dagegen tun können
Langeweile und Intelligenz – wie geht das zusammen? „Du bist doch so schlau, dir fällt schon was ein…“ Vielleicht kennst du diesen oder einen ähnlichen Satz aus deiner Kindheit. Und tatsächlich: Langeweile ist rein theoretisch etwas, das nicht in unser Repertoire gehören würde. Konjunktiv, weil: Die Praxis sieht wie immer anders aus. Wenn wir uns die Definition aus dem Duden anschauen, wird schnell klar, was unser eigentliches Problem ist: „Langeweile ist ein unangenehmes, lästig empfundenes Gefühl der Unerfülltheit, der Eintönigkeit, der Öde, das aus Mangel an Abwechslung, Anregung, Unterhaltung, an interessanter, reizvoller Beschäftigung entsteht.“ Da sind wir also.
Dieser Artikel ist im April 2025 im Magazin “MinD” erschienen.

Seien wir ehrlich: Wenn wir immer könnten, wie wir wollten – wäre uns dann langweilig? Wohl kaum. Wir alle kennen das Gefühl, völlig in einer Sache aufzugehen, die Zeit zu vergessen. (Und das ist dann eher ein Problem für die anderen um uns herum.) Aber genau hier liegt das Dilemma: Wenn wir immer könnten, wie wir wollten, dann wäre die Welt sicher einer der aufregendsten Orte. Wenn aber nicht…. Oh je.
Die Momente, die uns wahnsinnig machen
Und genau um dieses „Oh je“ geht es hier. Es fängt schon in der Schule an. Zwei Heftseiten lang dachziegelartige Schwünge ziehen, obwohl man längst lesen kann? Wie langweilig! Der Dozent an der Uni, der monoton seine Folien abliest, so dass es einem schwerfällt nicht einzuschlafen? Eine Qual! Meetings im Berufsleben, in denen nach einer Stunde immer noch über das Problem diskutiert wird, das wir längst gelöst haben? Eine Tortur. Doch Langeweile ist für schnelle Denker nicht nur ein Phänomen des Arbeitslebens. Ganz vorne dabei natürlich der berüchtigte Smalltalk – seichte Unterhaltungen, die nirgendwohin führen und weder neue Perspektiven noch echte Begegnungen schaffen. Für viele von uns der Horror schlechthin. Oder Filme mit vorhersehbarer Handlung: Die Heldin wird sich in genau den Mann verlieben, der ihr erst auf die Nerven geht. Der Bösewicht wird sich im letzten Moment verraten. Die dramatische Wendung? Kommt exakt nach 60 Minuten. Einmal durchschaut, bleibt nur das Warten darauf, dass es endlich vorbei ist. Endlose Familienfeiern, auf denen jedes Jahr dieselben Anekdoten erzählt werden? Ein Abend mit Bekannten, an dem kein einziges Thema aufkommt, das uns wirklich interessiert? Und der Klassiker aller Eltern und eine der größten Prüfungen: der alljährliche Klassenelternabend. Aber auch in die eigene Partnerschaft kann sich mit der Zeit eine Stille einschleichen, die nicht nachdenklich oder tiefgründig ist, sondern einfach nur … fade. Wir wissen, aller Intelligenz zum Trotz: Langeweile kann überall lauern.

Wenn Langeweile zur Belastung wird
Doch Langeweile ist mehr als nur ein unangenehmes Gefühl. Sie kann erschöpfend sein. Sie frustriert, macht unruhig oder sogar traurig. Während andere sich scheinbar mühelos mit den Dingen abfinden, die uns an den Rand des Wahnsinns treiben, stellen wir uns unweigerlich die Frage: Liegt es an uns?
Längst ist bekannt, dass nicht nur Überlastung, sondern auch anhaltende Langeweile Stress verursachen kann. Der sogenannte Boreout – also das Gefühl der chronischen Unterforderung – kann ebenso belastend sein wie der bekannte Burnout. Er macht müde, antriebslos, manchmal sogar depressiv.
Dabei geht es nicht nur um die Arbeit. Ein soziales Umfeld, das weder intellektuell noch emotional bereichert, kann ebenso zermürbend sein. Das Gefühl, Gespräche zu führen, die keinen wirklichen Mehrwert haben, oder sich mit Menschen zu umgeben, die auf einer völlig anderen Frequenz schwingen, kann auf Dauer Energie rauben.

Akzeptieren oder verändern?
Im Klartext heißt das: hinschauen, tief in sich hineinhören und Vor- und Nachteile abwägen. Wie sehr belastet mich die Langeweile wirklich? Ist es vielleicht längst an der Zeit, den Job zu wechseln, sich selbstständig zu machen oder ganz neue Wege zu gehen? Wie lange möchte ich noch Energie in einen Beruf investieren, der mich nicht erfüllt? Was ist mit meinem Freundeskreis? Könnte ich dort vielleicht offener über die Themen sprechen, die mir wirklich wichtig sind – und damit die Gespräche auf eine tiefere, bereichernde Ebene bringen? Oder ist es an der Zeit, bewusst neue Kontakte zu suchen, die besser zu mir passen? (In diesem Zuge fallen mir natürlich rein zufällig die Mensa-Stammtische ein.) Auch in Beziehungen sollte man sich immer wieder die Frage stellen: Was brauche ich wirklich? Muss mein Partner meine wissenschaftlichen, politischen oder gesellschaftlichen Diskussionen teilen? Oder geht es mir vor allem um Nähe und Verlässlichkeit – und ich suche mir den intellektuellen Austausch an anderer Stelle? Und schließlich: Bin ich mir bewusst, wie viel Positives mich umgibt? Oft vergessen wir, dass nicht die äußeren Umstände allein über unser Glück entscheiden, sondern auch unsere Perspektive. Denn egal, wie man es dreht und wendet: Wir haben es selbst in der Hand. Ein Perspektivwechsel, das bewusste Arbeiten an sich selbst oder auch gezieltes Stressmanagement können helfen, mit Langeweile umzugehen – oder sie sogar in etwas Positives zu verwandeln. Gelassenheits- und Akzeptanztraining können einen neuen Blick auf Routinen ermöglichen. Und manchmal ist es einfach eine grundlegende Veränderung, die nötig ist, um wieder das Gefühl zu haben, wirklich zu leben. Letztendlich ist es genau das: ein aktives Gestalten des eigenen Lebens. Ein bewusster Umgang mit unseren Bedürfnissen, ein mutiges Infragestellen von Gewohnheiten. Und dann – ja dann – kann Langeweile vielleicht sogar etwas Schönes sein: Ein Punkt, an dem uns sowieso gleich wieder etwas Neues einfällt.
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Ich freue mich darauf Dich kennenzulernen und ein Stück weit zu begleiten!