Radikale Akzeptanz: Wenn das Leben anders läuft als geplant

Es gibt diese Momente im Leben, in denen wir gegen die Realität ankämpfen wie gegen eine Wand. Der Partner hat sich getrennt, die Diagnose ist schlimmer als erwartet, der Traumjob ist geplatzt, oder die Eltern werden alt und vergesslich. Wir denken: „Ich will das nicht.“, „Das ist nicht fair.“, „Ich bin damit nicht einverstanden.“.

Und dann verschwenden wir Wochen, Monate, manchmal Jahre damit, gegen das anzukämpfen, was bereits geschehen ist, oder was wir nicht ändern können.


Was ist radikale Akzeptanz?

Radikale Akzeptanz bedeutet nicht, dass wir alles gut finden müssen, was uns passiert. Es bedeutet auch nicht, dass wir passiv werden und aufgeben. Es bedeutet, die Realität vollständig anzunehmen, ohne Wenn und Aber, ohne den Versuch, sie wegzudiskutieren oder zu ignorieren. Machen sagen auch „lieben was ist.“

Das Wort „radikal“ kommt vom lateinischen „radix“ – die Wurzel. Radikale Akzeptanz geht also an die Wurzel: Wir akzeptieren nicht nur oberflächlich oder halbherzig, sondern komplett und von Grund auf.

Der Unterschied zwischen Akzeptanz und Resignation

Viele Menschen verwechseln Akzeptanz mit Aufgeben. „Wenn ich das akzeptiere, heißt das doch, dass ich nichts mehr ändern kann!“ Aber das Gegenteil ist der Fall.

Stell Dir vor, Du steckst im Stau und kommst zu spät zu einem wichtigen Termin. Du kannst entweder:

  • Dich aufregen, hupen und innerlich kochen, während du trotzdem im Stau stehst
  • Oder Du akzeptierst sofort „Ich stehe im Stau, ich komme zu spät.“ und rufst an, um Bescheid zu geben

Radikale Akzeptanz gibt uns die Energie zurück, die wir sonst für sinnlosen Widerstand verschwenden würden. Erst wenn wir aufhören, gegen die Realität anzukämpfen, können wir konstruktiv mit ihr umgehen..

Warum fällt uns Akzeptanz so schwer?

Unser Gehirn ist darauf programmiert, Probleme zu lösen. Wenn etwas nicht so ist, wie wir es wollen, versucht es automatisch, das zu „reparieren“. Das funktioniert bei vielen Dingen – aber nicht bei allem.

Besonders Menschen, die gewohnt sind, komplexe Probleme zu durchdenken und zu lösen, haben oft eine tiefe Überzeugung: „Wenn ich nur genug nachdenke, analysiere und handle, kann ich alles kontrollieren.“ Diese Denkweise hat uns oft weit gebracht – in der Schule, im Beruf, in vielen Lebensbereichen. Aber sie wird zur Falle, wenn wir versuchen, Dinge zu kontrollieren, die außerhalb unserer Macht liegen.

Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Viele Jahre war ich im ständigen Widerstand – gegen körperliche Symptome, die nicht in meinen Plan passten, gegen Wendungen im Leben, die ich nicht vorhergesehen hatte. Ja, ich habe meine Ziele erreicht, aber zu welchem Preis? Ich war ständig „im Kampf“, gegen meinen Körper, gegen die Umstände, gegen das Leben selbst.

Was ich dabei gelernt habe: Der Kampf kostet unglaublich viel Energie. Energie, die mir für das fehlte, was wirklich wichtig war. Der Widerstand gegen das, was bereits da war, hat mich erschöpft und verbittert, obwohl ich äußerlich erfolgreich war.

Manche Dinge können wir nicht ändern:

  • Dass unsere Eltern sich scheiden ließen
  • Dass wir eine chronische Krankheit haben
  • Dass ein geliebter Mensch gestorben ist
  • Dass wir in einer bestimmten Familie geboren wurden
  • Dass unser Körper manchmal anders funktioniert, als wir es wollen

Je mehr wir versuchen, das Unveränderliche zu ändern, desto mehr leiden wir.

Kleine Schritte zur radikalen Akzeptanz

1. Erkenne den Widerstand

Achte darauf, wann Du denkst: „Das darf nicht so sein.“, „Das ist nicht fair.“, „Warum passiert das mir?“ Diese Gedanken sind Alarmsignale. Sie zeigen Dir, wo du gegen die Realität ankämpfst.

2. Benenne die Fakten

Versuche, die Situation neutral zu beschreiben, ohne Bewertung:

  • Statt: „Mein Chef ist ein Idiot und behandelt mich schrecklich“
  • Eher: „Mein Chef hat mich heute kritisiert und ich fühle mich verletzt“

Ein Beispiel, das viele spät erkannte, hochbegabte Menschen betrifft: der Blick zurück auf die eigene Schulzeit und Jugend.

  • Statt: „Meine Eltern und Lehrer haben mich nicht verstanden, ich wurde nie gefördert, mein ganzes Potenzial wurde verschwendet.“
  • Eher: „Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als weniger über unterschiedliche Begabungen bekannt war. Meine Eltern und Lehrer haben mit dem Wissen gehandelt, das sie damals hatten. Heute weiß ich mehr über mich und kann andere Entscheidungen treffen.“

3. Unterscheide zwischen Schmerz und Leiden

Schmerz entsteht durch das, was passiert. Leiden entsteht durch unseren Widerstand dagegen. Wenn wir akzeptieren, bleibt der Schmerz vielleicht, aber das zusätzliche Leiden fällt weg.

4. Fokussiere auf das, was du kontrollieren kannst

Du kannst nicht kontrollieren, was passiert, aber Du kannst kontrollieren, wie Du darauf reagierst. Du kannst nicht kontrollieren, ob andere Menschen Dich mögen, aber Du kannst kontrollieren, wie Du mit Dir selbst umgehst.

Wenn Akzeptanz besonders schwerfällt

Manche Situationen sind so schmerzhaft, dass Akzeptanz unmöglich erscheint. Bei Verlust, Trauma oder schweren Krankheiten kann radikale Akzeptanz wie eine Überforderung wirken.

Hier ist es okay, klein anzufangen:

  • „Ich akzeptiere, dass ich im Moment nicht akzeptieren kann.“
  • „Ich akzeptiere, dass heute ein schwerer Tag ist.“
  • „Ich akzeptiere, dass ich Zeit brauche.“

Radikale Akzeptanz ist eine Praxis

Wie Muskeltraining wird Akzeptanz durch Wiederholung stärker. Jeden Tag gibt es kleine Gelegenheiten zu üben: der Stau auf dem Weg zur Arbeit, das schlechte Wetter, die Verspätung des Zuges.

Diese kleinen Übungen bereiten uns auf die großen Herausforderungen vor.

Das Geschenk der Akzeptanz

Radikale Akzeptanz ist kein Zeichen von Schwäche, sie ist ein Akt der Befreiung. Sie befreit uns von dem erschöpfenden Kampf gegen Windmühlen und gibt uns die Kraft zurück, die Dinge zu ändern, die wir wirklich ändern können.

Heute weiß ich: Erfolg ohne Akzeptanz ist ein hohler Sieg. Man kann seine Ziele erreichen und trotzdem innerlich zerrissen sein. Erst als ich aufgehört habe, gegen meinen Körper und gegen die Wendungen des Lebens anzukämpfen, konnte ich wirklich ankommen – in meinem Leben, in meinem Körper, im gegenwärtigen Moment.

Radikale Akzeptanz bringt uns in die Gegenwart zurück, wo das Leben tatsächlich stattfindet. Sie öffnet uns für neue Möglichkeiten, die wir vorher nicht sehen konnten, weil wir zu beschäftigt waren mit dem Widerstand.

Am Ende ist radikale Akzeptanz nicht das Ende unserer Träume und Pläne, sie ist der Beginn eines Lebens, das auf der Realität basiert statt auf dem, was wir uns wünschen. Und das ist oft der erste Schritt zu echtem Glück – nicht nur zu äußerem Erfolg, sondern zu innerem Frieden.


Radikale Akzeptanz ist ein Prozess, kein Zustand. Sei geduldig mit dir selbst auf diesem Weg.

Wenn Du lernen möchtest, wie Du in die Akzeptanz kommen kannst, dann begleite ich Dich sehr gerne auf diesem wertvollen Weg. Buche Dein unverbindliches Kennenlerngespräch. Gemeinsam finden wir Deinen individuellen Weg zur radikalen Akzeptanz.

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